Bei Erkrankungen des Gehörs wie einem Hörsturz oder Schwerhörigkeit unterschiedlicher Ursache werden vielfach die Sinneszellen im Innenohr geschädigt. Mitbeteiligt können hierbei auch die Muskeln im Mittelohr sein, die wir nicht bewusst steuern können. Die Hörtherapie kann die Reaktionsfähigkeit der Muskeln und Sinneszellen trainieren und so ein verbliebenes, bislang ungenutztes Hörpotential aktivieren. Auch auf die Vernetzung der Hörnervenzellen im Gehirn kann Einfluss genommen werden. In ähnlicher Weise kann die Hörtherapie auch bei Tinnitus angewandt werden. In den begleitenden Gesprächen suchen wir nach neuen Wegen, im Alltag mit diesen Problemen umzugehen.
Besonders mit dem Einsatz tiefenbetonten Musik kann das Empfinden für den eigenen Körper, die Tiefensensibilität und der Muskeltonus intensiviert werden. Man hört die Musik über die Spezialkopfhörer und gleichzeitig über Extravibratoren. Zum Beispiel bei einem Schlaganfall werden diese am Hand- oder Fußgelenk der gelähmten Seite positioniert und verstärken so das Bewegungsempfinden und die Sensibilität. Dies führt häufig zu einem besseren Gespür für Kraft und Koordination. Auch das Gleichgewicht und die psychischen Folgen einer Hirnerkrankung wie depressives Erleben können sich dabei positiv verändern.
Gehör und Stimme sind durch einen Regelkreis miteinander verbunden, der von dem französischen Arzt Dr. Alfred Tomatis entdeckt wurde. Die Stimme enthält die Obertöne nur in dem Umfang wie sie das Gehör wahrnimmt. Durch eine Verbesserung des Gehörs zum Beispiel in den hohen Tönen hellt sich die Stimme unmittelbar auf und gewinnt an Spannkraft und Timbre. Bei der Hörtherapie wird dieser Zusammenhang direkt trainiert, wenn man in ein Mikrofon liest, summt oder singt und im gleichen Moment die eigene Stimme mit einer Anhebung bestimmter Frequenzanteile hört. So kann sich dauerhaft der stimmliche Ausdruck verbessern.
Das Altwerden stellt den Menschen vor die verschiedensten Herausforderungen. Die zentrale Aufgabe ist wohl, die eigene Endlichkeit in all ihren Facetten anzunehmen und positiv zu leben. Die Systemische Hörtherapie mag dabei in mehrfacher Hinsicht hilfreich sein. Der Hochtonverlust der Altersschwerhörigkeit lässt sich häufig ein Stück verbessern. Meist haben gerade auch ältere Menschen ein ungenutztes Hörpotential, was sich aktivieren lässt. Immer wieder bewirkt die Hörtherapie eine verbesserte Spannung der Mittelohrmuskeln und manchmal auch eine stärkere Aktivität der Hörzellen. Zudem verändert sich häufig auch positiv die Verarbeitung der akustischen Reize: Das Gehörte klingt harmonischer und sinnzusammenhängender. Dies wirkt sich sogar auf das Tragen von Hörgeräten aus. Unter der Hörtherapie kann weiterhin zu eine tiefere Entspannung und Regeneration eintreten. Hiermit setzt eine Stärkung des Vitalgefühls und kognitiver Leistungen ein wie z.B. Aufmerksamkeit und Gedächtnis. Wird das Gesprächsangebot der Hörtherapie vermehrt genutzt, dann können auch die vielen Geschichten und Erlebnisse, die ein älterer Mensch manchmal unverarbeitet in sich trägt, ihren Platz im Lebenspuzzle bekommen.